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Panel „1989 – Stunde der Diplomatie“, 29. September 2019
In Bezug auf das 30-jährige Jubiläum der berühmten „Balkonrede“ Genschers in der Deutschen Botschaft Prag, fand am 29. September 2019, die Veranstaltung „Auf dem Weg zur Deutschen Einheit - 30 Jahre ‚Balkonredeʼ“ in den Franckeschen Stiftungen in Halle statt.
Unter den 300 Gästen, befanden sich der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Andreas Pinkwart, die Bundesjustizministerin a.D. und stellv. Vorsitzenden der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Direktor der Franckeschen Stiftungen, Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke.
Spannend war das Panel mit den Botschaftern der Republik Polen, Andrzej Przyłębski, und Ungarns, Péter Györkös, das von der Generalkonsulin und Vorsitzende des Vereins „Genscherhaus - Freundeskreises Hans-Dietrich Genscher, Cornelia Pieper moderiert wurde.
Damit auch Sie einen Teil dieser Feierlichkeit nach erleben können, haben wir die Gesprächsaufzeichnung des Panels transkribiert.
(Gesprächsaufzeichnung)
Generalkonsulin Cornelia Pieper: Vielen Dank Andreas Pinkwart für die großartige Rede! Um auf die kluge Diplomatie in der Rede von Andreas Pinkwart zurückzukommen, es war die Stunde der Diplomatie 1989, die letztendlich dazu beigetragen hat, dass wir die Deutsche Einheit und die europäische Integration vollenden und voranbringen konnten. Ich freue mich jetzt sehr, dass ich Ihre Exzellenzen Péter Györkös, den Botschafter Ungarns und Andrzej Przyłębski, den Botschafter Polens auf das Podium einladen darf.
Zunächst freue ich mich sehr, dass beide Botschafter heute extra aus Berlin angereist sind. Wir wissen alle, dass immer viele Aufgaben anstehen. Sie sehen, dass der vierte Stuhl frei ist. Wir haben auch den Botschafter Tschechiens eingeladen, aber die Ereignisse in Prag sind authentisch und es finden gerade heute Veranstaltungen in Prag statt. Gestern fuhr eine Kolonne Trabanten durch Prag, um an die Stunde auf dem Balkon der deutschen Botschaft Prag zu erinnern. Auch mit ehemaligen DDR Flüchtlingen wurden viele Veranstaltungen durchgeführt.
So auch heute. Es sind die Stunden der Freiheit. Wir, unsere Länder, haben die Freiheit wiedererlangt. Auch durch kluge Politik, kluge Diplomatie, aber ich will ausdrücklich noch einmal betonen, dass es aus meiner Sicht diese Freiheit und die Deutsche Einheit auch für uns Ostdeutsche, für uns Deutsche, nicht gegeben hätte, wenn es den Mut und die Zivilcourage der Ungarn und der Polen 1980/89 nicht gegeben hätte. Ich lebe jetzt in Danzig. Danzig ist der Ort wo die Solidarność geboren wurde; ohne Solidarność, ohne den Mut der damaligen Werftarbeiter, Lech Wałęsas, hätten die Ostdeutschen nicht den Mut gefasst, auf die Straße zu gehen und für ihre Freiheit zu demonstrieren. Ich erinnere mich: ich habe 1980/81 in Warschau an der Universität studiert, wo mir damals ein Hochschullehrer sagte : “Heute gehen wir Polen für unsere Freiheit auf die Straße und in zehn Jahren fällt die Mauer.„ Ich habe darauf geantwortet: “Allein das wäre mein Traum, aber ich kann nicht daran glauben.„ Das war 1980. 1989 ist die Mauer gefallen. Es waren diese Zuversicht, der Optimismus , die der Zivilgesellschaft Kraft gaben.
Ich habe mich gefragt, was hat Andrzej Przyłębski gemacht, am Tag, als die Mauer 1989 fiel. Hast Du auch demonstriert, wie ich als Studentin? Vielleicht berichtest Du von deinen Erlebnissen von damals…
Botschafter Andrzej Przyłębski: Zuallererst vielen Dank für die Einladung. Ich habe eher den Botschafter aus Prag hier erwartet. Im Untertitel steht “Die Balkonrede„, aber dann habe ich mir auch gedacht, dass wir damals für die Wiedervereinigung Deutschland-Polens mehr getan haben, als die Tschechoslowakei. Vor allem wegen der Solidarność-Bewegung. Du hast mich gefragt, was ich zu dem Zeitpunkt gemacht habe. Wir Polen waren in diesem Sommer beschäftigt, die Ausreise einer Masse von DDR-Bürgern aus Ungarn zu beobachten. Man muss auch dazu sagen, dass die Ereignisse schon vor November und sogar Oktober begonnen haben. Außerdem ist die erste nicht-kommunistische Regierung entstanden. Wir haben unerwartet die halbfreien Wahlen gewonnen und rechneten damit, dass trotz dieses Gewinns eine kommunistische Regierung entstehen wird. Zwei kleinere Parteien, nämlich eine Bauernpartei und eine kleinere Handwerkerpartei, die davor mit den Kommunisten zusammen regiert hatten, verrieten diese, indem sie sich der Solidarność anschlossen. Es entstand eine Regierung mit nur vier kommunistischen Ministern. Das war auch ein Kompromiss. Wir haben geschaut, wie sich die Situation der Massenauswanderung von DDR Bürgern aus Ungarn, der Tschechoslowakei und Prag, auf unsere Situation auswirken wird. Hier ist zu erwähnen, dass in den deutsch-polnischen Beziehungen immer zwei Sachen von Bedeutung sind. Zum einen der Brief der Bischöfe und der Kniefall von Willy Brandt. In all meinen Reden und Diskussionen hier in Deutschland setzte ich immer einen dritten Punkt dazu, nämlich eine Erklärung von der ersten Solidarność, die im Jahre 1980 gegründet wurde, die besagt, dass Deutsche ein Recht auf die Wiedervereinigung haben. Diese Erklärung hatte große Beunruhigung in Russland hervorgebracht, zeigte aber auch die Einstellung Polens zur Wiedervereinigung Deutschlands. Die Solidarność Bewegung hat hier großen Mut gezeigt und auf Freiheit, wie es auch im Titel der Stiftung steht, gesetzt.
Generalkonsulin Cornelia Pieper: In der Tat war es ja so, dass die Gruppe der Intellektuellen in der Solidarność, wie Du es sagst, frühzeitig die Deutsche Einheit gefordert haben, weil die damalige polnische Opposition, also die Solidarność, fest davon überzeugt war, dass mit der Unterstützung der Deutschen Einheit auch die Souveränität Polens möglich wäre. Der Zwei-plus-vier-Vertrag wurde schon erwähnt, aber, wie wir uns erinnern, in unmittelbarem Zusammenhang damit stand auch der deutsch-polnische Grenzvertrag von 1990. Hans-Dietrich Genscher hat großen Wert darauf gelegt, dass der polnische Außenminister Skubiszewski über alles informiert wurde, auch wenn die Polen 1990 bei den Zwei-plus-vier-Verhandlungen nicht selbst mit am Tisch saßen. Auch da spielte Vertrauen eine große Rolle, nicht in erster Linie das Vertragliche, sondern das Wort, das zwischen beiden stand. Genscher hat sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass mit der Deutschen Einheit Polen auch damit rechnen kann, dass der deutsch-polnische Grenzvertrag, also die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze, kommt. Dass die Deutsche Einheit ohne Einbindung in die europäische Integration geschehen wäre, halte ich für einen weiteren wichtigen Punkt. Hans-Dietrich Genscher war es auch immer wichtig, dass die mitteleuropäischen Länder, die daran mitgewirkt haben, ihre Freiheit zurückgewinnen bzw. den Weg in die europäische Union gehen konnten.
Nun haben damals die Ungarn sehr zeitig den Ostdeutschen den Rücken gestärkt. Lieber Peter, ich kann mich entsinnen, wie am 27. Juni 1989 der Eiserne Vorhang zwischen Ungarn und Österreich von den damaligen Außenministern Alois Mock und Gyula Horn symbolisch durchschnitten wurde, aber das alles ging schon viel früher los. Die Ungarn waren besonders mutig. Denn am 2. Mai 1989 wurden schon die Überwachungsanlagen abgebaut. Wie war das damals, wie hast Du das erlebt? Ich habe ja interessanterweise in deiner Vita gelesen, dass Du Internationale Beziehungen in Moskau studiert hast und 1992 Deine Doktorarbeit zu dem Thema “Pläne für die Deutsche Einheit in der Periode der Teilung und Vereinigung Deutschlands„ geschrieben und verteidigt hast. Das finde ich sehr passend! Für uns DDR-Bürger wart Ihr Ungarn ein Vorbild, dem Westen näher sozusagen. Wie ist das zu erklären? Wie erinnerst Du dich an diese Zeit damals? Du warst wissenschaftlicher Referent?
Botschafter Péter Györkös: Vielen Dank für die Einladung. In diesen Wochen war ich der letzte DDR-Referent im ungarischen Außenministerium. Nach dem Studium musste ich zurück in die Armee für die zweite Hälfte des Militärdienstes, und als ich im März 1989 meinen Job aufgenommen habe und mir mitgeteilt wurde, dass ich der Referent für die DDR sein werde, dachte ich, dass das der langweiligste Job aller Zeiten sein wird. Ein wenig später geschah etwas, was unsere gemeinsame Geschichte fundamental geändert hat. Und an dem Tag der “Balkonrede„ war ich schon in den Vorbereitungsarbeiten für die Teilnahme des ungarischen Staatsoberhauptes bei dem 40. Jahrestag in Ostberlin. In Ungarn wurde schon die Entscheidung getroffen, dass keine hochrangige Parteidelegation hinreisen wird. Auch damals war das nicht ohne Risiko. Denn auch während der Feierlichkeiten am 6. und 7. Oktober in Ostberlin versuchten drei Parteichefs Gorbatschow zu überzeugen, sich in Ungarn militärisch einzumischen. In Bezug auf diese Revolution gibt es unterschiedliche Bilder und Ereignisse. Einerseits gab es keinen Eisernen Vorhang in Ungarn mehr, er hatte sich von selbst abgebaut. Für den Akt am 27. Juni musste ein kleines Stück vom Zaun neu errichtet werden, damit die beiden Außenminister ihn durchschneiden konnten. Das nächste wichtige Ereignis war am 19. August, nämlich das pan-europäische Picknick in der Stadt Sopron. Organisiert wurde dieses Picknick durch eine private Initiative der lokalen Opposition und DDR-Flüchtlinge. Bei diesem Picknick kam es zu einer Öffnung der Grenze für drei bis vier Stunden. Das war der größte Exodus nach dem 13. August 1961, an dem 661 DDR-Bürger Ungarn verlassen haben. Wir hatten damals schon ca. 200.000 deutsche Touristen in Ungarn, fast die Hälfte kam aus der DDR. Ungarn war für sie nicht nur ein symbolischer Ort, sondern sie haben die politisch-gesellschaftliche Ordnung mit zwei Begriffen definiert. Zum einen “die fröhlichste Baracke„, zum anderen das Land des “Gulasch-Kommunismus„. D.h., dass einerseits eine gewisse Liberalität in Ungarn existiert hat, was Ungarn zum größten innerdeutschen Treffpunkt für Ost- und Westdeutsche gemacht hat und andererseits der Botschaft klar war, dass diese Personen nicht mehr zurückkehren werden. Das führte am 25. August im Schloss Gymnich zu der politischen Entscheidung, dass die ungarische Grenze für DDR-Flüchtlinge völkerrechtlich geöffnet wird. Dazu gehörte die Kündigung eines bilateralen Abkommens über den visafreien Verkehr. Am 10. September wurde in der ungarischen Wochenschau angekündigt, dass am 11. um Mitternacht die Grenze aufgemacht wird. Das war der erste Stein, der aus der Mauer gezogen wurde, weil nach dem 13. August 1961 das erste Mal der Eiserne Vorhang auch für die DDR-Bürger durchgängig war.
Generalkonsulin Cornelia Pieper: Ja, man muss sich mal zurückversetzen in die Lage der damaligen Regierung: Es wurde ja zu DDR-Zeiten alles von einer KPDSU diktiert. Die DDR-Regierung wurde gesteuert, und dass die ungarische Regierung am 11. ihre Grenzen für DDR-Bürger aufgemacht hat, fand ich sehr couragiert und mutig für die damalige Zeit. In Genschers Geburtshaus ist als Ausstellungsstück ein Stück vom Stacheldrahtzaun des Eisernen Vorhangs zu sehen. Dieses haben uns Hans-Dietrich und Barbara Genscher bei der Eröffnung der Bildungs- und Bewegungsstätte Deutsche Einheit überreicht. Das ist der Moment, als am 27. Juni 1989 von beiden Außenministern der Eiserne Vorhang symbolisch durchschnitten wurde. Interessant ist auch, dass wir drei Faksimile aus dem Auswärtigen Amt ausstellen konnten. Wir sind der einzige Gedenkort, an dem der Maastricht-Vertrag, der Zwei-plus-vier-Vertrag und der deutsch-polnische Grenzvertrag ausgelegt wurden. Dieser deutsch-polnische Grenzvertrag ist für uns Deutsche und für die Versöhnungsgeschichte der Deutschen und Polen, die aus meiner Sicht ein gutes Ende genommen hat, von besonderer Wichtigkeit. Es waren ja nicht nur DDR-Flüchtlinge in der Botschaft in Prag, sondern auch in der Botschaft in Warschau. Jedoch ist dies aus der der Berichterstattung nicht so stark hervorgegangen. Trotzdem war es ein wichtiges Signal für uns Deutsche, dass Polen gesagt hat, wir helfen und wollen, dass die Flüchtlinge frei kommen.
Botschafter Andrzej Przyłębski: Ich muss ihnen versichern, dass der Platz Wałęsas in den polnischen Geschichtsbüchern gesichert ist, auch wenn die Einschätzungen seiner aktuellen Aktivitäten unterschiedlich ausfallen. Zur Zeit des deutsch-polnischen Grenzvertrags war ich der Politik nicht so nahe. Ich hatte damals mein Studium der Philosophie abgeschlossen und eine Stelle als Assistent an der Universität angenommen. Wir Polen sahen die deutschen Politiker immer als ein Paket, sprich Kohl und Genscher oder Schmidt und Genscher. Aber heute weiß ich, dass der Grenzvertrag von Genscher für uns Polen sehr positiv ausgelegt war. Wir verdanken Genscher und nicht Kohl, dass dieser Vertrag so, wie er heute existiert, abgeschlossen wurde, und diese Grenze nie in Frage gestellt wurde. Um auf die Frage zurückzukommen, Warschau hat im Vergleich zu den drei Hauptstädten nur eine kleine Menge an DDR-Bürger gehabt, nämlich ca. 6.000 Menschen. Der Grund dafür ist, dass DDR-Bürger erst in der letzten Phase nach Warschau kamen, als Prag geschlossen wurde. Wahrscheinlich sind DDR-Bürger über Ungarn in die Bundesrepublik weitergezogen. Aber diese 6.000 fanden im Unterschied zu Prag nicht nur in der Botschaft Zuflucht und wurden dort versorgt, sondern an verschiedenen Stellen, wie katholische Missionen, Solidarność. Häuser wurden von der Regierung bereitgestellt und auch die Zivilgesellschaft half mit.
Generalkonsulin Cornelia Pieper: Über Umwege sozusagen in die Freiheit. Was ich auch wichtig fand, ist die starke Zivilgesellschaft, die Du ja erwähnt hast. Das gilt für beide Länder, Ungarn und Polen. Diese starke Zivilgesellschaft gab es immer, und sie wird es aus meiner Sicht weiterhin geben. Bewegende Geschichten kennen wir alle aus den Medien, von DDR-Flüchtlingen aus der Botschaft in Prag. Ich will das auch nochmal zurückgeben an die beiden Botschafter und sie bitten, das auch an die BürgerInnen von Ungarn und Polen weiterzugeben, dass wir Deutsche die Solidarität nicht vergessen werden, und dass wir diese auch in Zukunft für den Zusammenhalt in Europa brauchen. Egal vor welchen Herausforderungen wir stehen, wir können Schwierigkeiten überwinden. Das sollten die Lehren aus der Geschichte von 1989 sein. Deswegen auch meine Frage an beide Botschafter über den Ausblick. Was glaubt Ihr, sind die größten Herausforderungen für uns Deutsche, Ungarn und Polen gemeinsam, um Europa fit zu machen und um zu gewährleisten, dass es ein freies, rechtsstaatliches, demokratisches und starkes Europa auch in Zukunft gibt?
Botschafter Péter Györkös: Wenn man sich die Ereignisse vor dreißig Jahren anschaut, dann sind die Geschehnisse in Ungarn aus meiner Sicht die beste Antwort auf die heutige Situation. Der Zusammenhalt und die Zugehörigkeit stehen außer Frage. In Ungarn gab es überhaupt keine Angst vor der Vereinigung Deutschlands. In Ungarn, in meinem Land, war die Unterstützung für die Vereinigung sogar höher als unter den Deutschen selbst. Wir haben keine Angst vor ihnen. Aber gleichzeitig bleiben wir auch für die Zukunft streitlustig, wenn Diskussionen ausgetragen werden müssen. Von der “Balkonrede„ wird immer ein Satz zitiert: “Wir sind gekommen, um Ihnen mitzuteilen…„ Aber etwas stand vor diesem Satz als Anrede, nämlich: “Liebe Landsleute„. Das hat mich persönlich inspiriert meine Doktorarbeit darüber zu schreiben, denn das bedeutete, dass zwei Monate vor dem Plan des Bundeskanzlers hier etwas passieren wird, was zu der Einigung Deutschlands führen wird, und diese Einigung Deutschlands wird nicht an den Ostgrenzen der DDR enden. Die Frage und die Botschaft für mich ist jetzt, und dafür sehe ich sehr vielversprechende Signale, dass wir bereit sind, von den Brücken zu schauen und zu sagen: “Was zusammengehört, wächst zusammen„. Aber das ist noch keine Garantie, dass es wirklich so gefühlt wird. Daran müssen wir arbeiten. Ich gehe davon aus, dass unser gemeinsames Erbe uns stolz machen kann. Gleichzeitig ist es eine Verantwortung.
Botschafter Andrzej Przyłębski: Ich schließe mich weitgehend Peter an. Es wurde hier die Redewendung “operative Differenzen„ gebraucht. Trotz der “operativen Differenzen„ die bestehen, sollten wir eine Einheit als Europäer bewahren. Wie genau wird uns die Zukunft zeigen. Als Schlussfolgerung möchte ich noch sagen, dass keine Uniformierung der Lebensweisen stattfinden sollte. Wir sind doch durch Geschichte und Traditionen getragen, und es sollten von oben keine Vorgaben und Zwänge für die Lebensweise der Bevölkerung kommen, die sie nicht selber für sich ausgearbeitet hat. Einige Worte noch zur Bedeutung Genschers für Polen und Osteuropa. Die FDP und Genscher haben das Phänomen Solidarność aus einer ganz anderen Perspektive gesehen. Genscher hat die Welt nicht aus der Perspektive der Stabilität, sondern des Wandels gesehen. Er hat in diesen Ländern in den bürgerlichen Bewegungen den Faktor der Veränderung gesehen. Er hat nicht nur mit den Parteichefs gesprochen, sondern auch mit der Opposition. Diese Herangehensweise hat ihm in Polen ein ganz anderes Image verschafft. 1980 hat Genscher die Sowjetunion vor einer Einmischung in Polen gewarnt. Diese Taten sind Sachen, die bekannt werden sollten und in der allgemeinen Perspektive in Deutschland auch so berichtet werden sollten. Aus meiner polnischen Perspektive sind sie sehr wichtig. Dafür danken wir ihm und werden ihn in Erinnerung behalten.