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Generalkonsulin Cornelia Pieper zum 100. Jubiläum der Gründung des Deutschen Generalkonsulats in Danzig

Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Deutschen Generalkonsulats in Danzig

Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Deutschen Generalkonsulats in Danzig, © GK Danzig

04.02.2020 - Rede

„Persönlichkeiten, nicht Prinzipien, bringen die Zeit in Bewegung“, meinte einst Oscar Wilde.

Die Geschichte des Generalkonsulats Danzig ist eine Geschichte von Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Biographien und Abhängigkeiten von gesellschaftlichen Systemen und Diktaturen, sie spiegelt unterschiedliche Zeitepochen und ihre Auswirkungen auf unsere deutsch-polnischen Beziehungen wider.

Warum also diese Ausstellung?

Lassen Sie mich darauf mit den Worten einer Hauptperson dieser Ausstellung antworten, mit den Worten des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der 1990 Danzig besuchte und die Johann G. Herder Stiftung an der Danziger Universität gründete: „Die Jungen sind nicht verantwortlich für das, was war. Aber sie sind verantwortlich für das, was in der Geschichte daraus wird.“

Nehmen wir uns seine Worte zu Herzen!

Die 100-jährige Geschichte des Generalkonsulats ist sehr komplex und von steinigen Wegen, Höhen und Tiefen durchzogen, wie eine Landkarte, die durch den Lauf der Geschichte in den letzten 100 Jahren mehrmals verändert wurde. Man schaue nur auf die Karte aus den 30. Jahren... unvorstellbar!

Polen hat 1918 seine Unabhängigkeit wieder erlangt. Das Ende der Besatzungsmächte bedeutete für die zweite Polnische Republik einerseits die Rückerlangung der Souveränität als Staat und für Preußen andererseits den Rückzug mit seinem Beamtenstaat.

Der 15. November 1920 ist auch das Datum der Gründung der Freien Stadt Danzig durch den Völkerbund, dem Vorläufer der Vereinten Nationen.

Dabei markierte die Freie Stadt den sensibelsten Punkt in den deutsch-polnischen Beziehungen. Denn die Nähe zu Berlin und dem damaligen Deutschen Reich zogen die weitere starke Präsenz deutscher Staatsbeamter und der Finanzierung aus Deutschland nach sich. Der Hauptakteur der damaligen Zeit war der seit 1910 eingesetzte Regierungspräsident Lothar Foerster.

Nach dem Ende der preußischen Verwaltung blieb er in der Stadt. Durch geschicktes Taktieren verhinderte er seine erfolglose Absetzung durch die Arbeiter-und Soldatenräte und wurde am 4.12.1919 zum Reichs-und Staatskommissar durch den Völkerbund zur Abwicklung sämtlicher Geschäfte Preußens im Ergebnis der Versailler Friedensvertrages ernannt.

Am 10. Januar 1920 trat der Versailler Vertrag in Kraft und Danzig schied damit aus dem Verbund des Deutschen Reiches aus. Kurze Zeit später am 13. Februar übernahm Sir Reginald Tower als Hoher Kommissar des Völkerbundes die Verwaltung. Allerdings konnte er wegen der Vielzahl der Aufgaben bei Verwaltung, Finanzen, Abwicklung von Grundstücken und Gebäuden auf ein Beratergremium nicht verzichten, dem auch der schon genannte Lothar Foerster angehörte. Es ging so weit, dass Tower seine Vorschläge aufgriff und umsetzte. Foerster zeigte keinerlei Eile mit der Abwicklung des preußischen Beamtenapparates, so dass noch Ende des Jahres 1921 die alten Eingangsstempel vom „Oberpräsidenten der Provinz Preußen“ auf der Post des Senates zu sehen waren.

Die polnische Regierung dagegen erkannte schnell die neue Lage und gründete am 31.Mai 1920 ein Polnisches Generalkonsulat in Danzig.

Am 15.11.1920 proklamierten die alliierten Mächte die Freie Stadt Danzig feierlich ohne ihre Verfassung in Kraft zu setzen. Eigentlich hätte Förster die Stadt als Beamter Preußens verlassen müssen, aber er gab die deutsche Staatsbürgerschaft auf und nahm die Danziger Staatsbürgerschaft an, so dass er trotz der Liquidation der deutschen Verwaltung, die am 30. September 1921 abgeschlossen wurde, nicht ausgewiesen werden konnte. Im Gegenteil der 1. Sekretär der Hohen Kommission des Völkerbundes in Danzig Ferrari stellte in seinem Bericht nach Genf fest, „that the separation between Danzig and Germany has a rather formal charakter.“ So fragten sich damals viele der internationalen Beobachter, ob etwa die preußische Regierung Foerster als Transmissionsriemen zwischen Danzig und Deutschland installierte? Ein James Bond undercover, sozusagen…?

Übrigens galten die damals 15 000 preußischen Beamten in Danzig „als in Deutschland beurlaubt“, wurden aber vom Deutschen Reich weiterhin besoldet.

Zur Wahrheit über Foerster gehörten auch seine guten Beziehungen nicht nur zum Hohen Kommissar des Völkerbundes Haking. Seine Fähigkeiten wurden auch vom Danziger Senat hoch geschätzt. So lässt sich in einer diplomatischen Note des damaligen Stadtpräsidenten Danzigs Sahm nachlesen, welch hohe Wertschätzung Foerster genoss, dass sein diplomatischer Status internationale Anerkennung sowohl in Polen, als auch im Völkerbund gefunden habe. So nahm Foerster, der großes Vertrauen bei allen genoss, neben der laufenden Überleitung der Zivilverwaltung auch konsularische Geschäfte wahr.

Da die Alliierten keine 2. diplomatische Vertretung einrichten wollten, ist in ihm das noch zu errichtende Generalkonsulat vorgebildet. Ende September lief die Duldung des deutschen Staatskommissars aus. Die Errichtung einer Botschaft war aus völkerrechtlichen Gründen nicht möglich, da außenpolitisch Danzig von Polen vertreten wurde. Erst Anfang 1922 ist die Umwandlung des Kommissariates in ein Generalkonsulat erfolgt, das Foerster für kurze Zeit leitete. Die diplomatischen Missionen waren 1920 an die Person Foersters gebunden und nicht an sein Amt. Damit war er gewissermaßen selbst, und nicht das als Provisorium eingerichtete Staatskommissariat, die Vorläuferorganisation des Generalkonsulats Danzig.

Foerster leitete das Generalkonsulat bis zum Frühjahr 1923. Danach machte er Platz für den ausgewiesenen Ostexperten des Auswärtigen Amtes Herbert von Dirksen. Ihm folgte bis 1933 Edmund von Thermann, der die außenpolitische Linie seines Vorgängers Dirksen, die kulturelle Einheit zwischen dem Deutschen Reich und Danzig aufrecht zu erhalten, weiter verfolgte. Foerster hat sich übrigens auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Generalkonsul nicht von Danzig getrennt, blieb der Stadt und seinen Menschen treu und verstarb hier am 5. Juli 1939.

Leider kann ich mich nur der Geschichte des 1. Generalkonsuls ausführlicher widmen. Mit Nazideutschland und der Besetzung Danzigs und Polens begann das schlimmste Kapitel in den deutsch-polnischen Beziehungen.

Das KZ-Lager in Stutthof, in unmittelbarer Nähe zu Danzig, ist als Arbeits-und Vernichtungslager der Nazis heute noch Zeuge für die Menschenfeindlichkeit und Brutalität des Naziregimes. Vor kurzem haben wir in der Basilika von Oliwa mit der Leitung des Museums den vielen Tausenden Opfern mit einer Messe gedacht.

Nach Ende des 2. Weltkriegs wurde erst 1962 wieder eine Deutsche Diplomatische Vertretung mit dem Generalkonsulat der DDR und dem 1. Generalkonsul Staake, einem früheren politischen Häftling des KZ Sachsenhausen, eröffnet. Das Generalkonsulat der DDR befand sich bis zur Liquidierung der DDR-Botschaften am 3. Oktober 1990 in dieser Villa. Außenminister Klaus Kinkel, der im Auftrag von Hans-Dietrich Genscher, als damaliger Bundesjustizminister, den 2 plus 4 Vertrag erarbeitete, erzählte mir, wie die neuen deutschen Botschafter/Konsuln die Weisung erhielten, die „Alten“ vor die Tür zu setzen, da die DDR damals ja nach Art.23 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist. Die 1. Generalkonsulin am 3. Oktober 1990 hieß Nelly Marianne Wannow, hatte familiäre Wurzeln in Danzig und lebt heute noch im Alter von 86 Jahren in Bonn am Rhein.

Einen Höhepunkt dieser Ausstellung möchte ich aus besonderem Grund noch hervorheben, das Foto mit dem Besuch des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt mit seiner Frau Loki kurz vor Gründung der Solidarnosc. Prof. Protasiuk, unser Kurator von der Akademie der Schönen Künste, erzählte uns, wie viel Mut und Veränderung es den Polen damals gebracht hatte. Nach Schmidts Besuch wäre Polen ein anderes Land mit Aufbruchstimmung gewesen!

Nun, Helmut Schmidt stieg in die Fußstapfen Willy Brandts und Walter Scheels. Sie waren die Väter der neuen Ostpolitik „Wandel durch Annäherung“ und der Ostverträge, dem 1. Vertrag 1970 mit der Sowjetunion, was viele nicht für möglich gehalten hatten. Die Ostpolitik, das Gespräch, der Dialog ist das wichtigste Element deutscher Außenpolitik bis heute, weil sie Frieden und Vertrauen schafft. Uns hat sie den Fall der Mauer gebracht, unsere Freiheit und die Deutsche Einheit in einem vereinten Europa!

Zum Schluss möchte ich allen danken, die an diesem „Meisterwerk“ mitgewirkt haben, als Erstes dem Archiv des Auswärtigen Amtes, Frau von Boeselager und Frau Willkommen, meinem Team im Generalkonsulat und der Akademie der schönen Künste, die jetzt zum 2. Mal uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat! Herrn Rektor Prof. Polkowski, Herrn Kurator Prof. Protasiuk und seiner Assistentin Frau Wernicka!

Dank der Akademie der Schönen Künste wird es Ende des Jahres eine große Ausstellung zu 100 Jahren Generalkonsulat im Zeughaus geben. Wir freuen uns darauf!

Ich danke Ihnen allen!

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